Im Aquarium

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Samstag, 28. August 2021

Der hundertjährige Geschlechterkrieg, Teil 5

 

Nichts Neues unter der Sonne: Vieles von dem, was wir heute erleben, gab es so oder ähnlich schon in der Weimarer Republik und im Dritten Reich.

 

 

Beispielsweise Studenten, die sich einbilden, über die einzige Wahrheit zu verfügen und das Recht zu haben, alle anderen damit zu terrorisieren. Dass sie 1932 vom rechten Rand kamen und heute vom linken Rand kommen, macht die Sache nicht besser. Wer der Ansicht ist, dass „die Hauptbeschäftigung der Studenten das Studium“ sein sollte und nicht die Ideologie, stand dem Treiben selbstgerechter Bessermenschen schon immer fassungslos gegenüber. Beklagt wurde damals außerdem das zahme, um nicht zu sagen: ängstliche Vorgehen von Unileitung und Justiz, die der Tyrannei nicht Einhalt geboten – auch das eine Parallele.



Berliner Tageblatt vom 17.7.1932, Morgenausgabe

 

Eine weitere zeigt sich in der Doppelmoral bei der Bewertung von Verbrechen, je nachdem ob ein Mann oder eine Frau die Tat begangen hat. So findet sich in einer Zeitungsnotiz von 1934 kein Wort des Vorwurfs gegen eine Frau, die ihren fünfzehn Monate alten Sohn mit einer Wäscheleine erdrosselte. Es geschah ja „nach einem Streit mit ihrem Ehemann“ und „in einem Anfall von Verzweiflung“. Anschließend versuchte „die Unglückliche“ (!) Selbstmord zu begehen, ließ sich aber anscheinend leicht daran hindern. Warum eine Frau, die „Zeichen geistiger Umnachtung“ gezeigt und bereits „Drohungen ausgesprochen“ hat, ihr Kind behielt, lässt sich wohl nur durch jahrhundertealte Männer- und speziell Väterfeindlichkeit erklären.

 


Berliner Tageblatt vom 23.5.1934, Abendausgabe

 

 

Der hundertjährige Geschlechterkrieg – Teil 1. Teil 2. Teil 3. Teil 4.

 

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Gunnar