Da Feministen über politische und
mediale Macht verfügen und somit keinen Grund haben, sich einer ehrlichen
Diskussion zu stellen, da sie darüber hinaus auch nicht gerade an einem Übermaß
an Selbstkritik leiden und sich daher selten selbst hinterfragen, greifen sie
bei Auseinandersetzungen auf ein begrenztes Strategiearsenal zur Abwehr unliebsamer
Ansichten zurück. Die folgende Zusammenstellung kann als Entscheidungshilfe verstanden
werden: Wer auch nur eines der hier versammelten rhetorischen Mittel nutzt, hat
kein Interesse an einer inhaltlichen Auseinandersetzung und lohnt daher nicht
die Diskussion.
Etikettierungen. Immer noch das bevorzugte Mittel der Wahl. Ob die
Heinrich-Böll-Stiftung („Analyse rechter Denk- und Handlungsmuster“) oder Antje
Schrupp („Das Bekenntnis zum
Antifeminismus funktioniert weltweit als Bindeglied für reaktionäre Kräfte“),
irgendwelche Facebook-Hanseln („In Nürnberg unternimmt die homophobe und (mindestens)
rechtskonservative Maskulisten-/Antifeministen-Szene erneut den Versuch, einen
‚Gender-Kongress’ stattfinden zu lassen“), Niedersachsens Justizministerin
Antje Niwisch-Lennartz („Ziel rechtspopulistischer Strömungen ist ein [sic] Groll
gegenüber Gleichstellungspolitik zu verbreiten und damit hart errungene
Grundsätze der Gleichberechtigung zunichte zu machen“) oder das Neue Deutschland („Einstiegsdroge
Frauenhass“) – wer den Feminismus kritisiert, ist in den Augen dieser
Leute ein Frauenfeind, homophob, rechtsradikal und vertritt eine Vergewaltigungskultur,
basta!
Hohn und Beschämung. Wenn Männer nicht funktionieren, wie frau es
will, wird auf das reaktionäre Geschlechtermodell zurückgegriffen, dass diese
Leute verinnerlicht haben. Danach hat ein Mann gefälligst sein Schicksal
klaglos zu ertragen und sich opfern zu lassen, wo immer es der Gesellschaft
gefällt. Männer sollen Gefühle zeigen, klar – aber bitte nur solche, die Frauen
gefallen. Gefühle spiegeln, wäre der treffendere Ausdruck. Und wenn Männer
nicht spuren, werden sie eben mit Sprüchen auf Linie gebracht, die suggerieren,
dass sie wehleidig sind, Heulsusen, unsexy. Gern wird dabei das Stilmittel der Übertreibung
genutzt: Wer die Metoo-Kampagne kritisiert, sieht Männer „jede Nacht wach
gehalten von der Angst, fälschlicherweise eines sexualisierten Übergriffs beschuldigt
zu werden.“ Wahnsinnig fortschrittlich!
Psycho- und Pathologisierung. Wer den Feminismus kritisiert, ist in
den Augen der Ideologen verunsichert, hat Angst vor starken Frauen und dem
Verlust seiner Privilegien. Der wird von ungerechtfertigter Wut angetrieben,
denn eine echte Benachteiligung von Männern liegt ja nicht vor, kann es gar
nicht geben, bestenfalls eine gefühlte. So einfach kann es sein, sich nicht mit
der Wirklichkeit auseinandersetzen zu müssen.
Strohmann-Argumente. Sich aufplustern und Positionen des
Feminismuskritikers angreifen, die dieser gar nicht gebracht hat. So wurde
schon gegen Warren Farrels Buch „Mythos Männermacht“ polemisiert: „Männer sind
durchtriebenen Frauen hilflos ausgeliefert. Sie darf ihm ungestraft einen
Fussel von der Hose picken und mit dieser erotischen Attacke ihre Karriere
fördern.“ Das Niveau ist heutzutage leider nicht besser geworden: Wer den
Feminismus kritisiert, wolle „einen Backlash, der es möglich macht, die
Forderung ‚Zurück an den Herd’ nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand zu
artikulieren“. Wenn Männer die Metoo-Kampagne kritisieren, gehe es bloß darum,
„wie nun Männer flirten sollen“. Wenn Frauen die Metoo-Kampagne kritisieren,
sähen sie „die Schuld für die fehlende Gleichstellung bei den Frauen selbst.“
Und so weiter.
Themenhopping (gern dabei wird zu anderen Zeiten, an andere Orte
oder zu anderen Kulturen gehüpft). Etwa so: „Dass hierzulande kein Patriarchat
herrscht, sieht man schon daran, dass du deinen Männerhass ungehemmt in den
Leitmedien ausgießen darfst.“ – „Und was ist mit Trump?“
Umdeutungen. Bevorzugte Methode von Pseudointellektuellen wie
Thomas Gesterkamp. Wer den Feminismus kritisiert, ist für jemanden wie ihn per
se rechts und rückwärtsgewandt. Wenn sich das nun bei manch einem schlecht
belegen lässt, weil jeder seiner Äußerungen das Gegenteil beweist, wird ihm halt
einfach unterstellt, dass dies nur der Verschleierung seiner wahren Absichten
diene. Alles, was dem eigenen Vorurteil zuwider läuft, wird zur Taktik erklärt*,
und schon ist die Welt für schlichte Gemüter wieder in Ordnung.
Falls jemand glaubt, damit die
Talsohle intellektueller Verwahrlosung erreicht zu haben, kennt er Andreas
Kemper nicht.
Argumentieren wie Kemper
Ein Kollege von mir hat mal den
Vorschlag geäußert, in der Wikipedia das Wort „kempern“ einzubringen, was etwa
so viel bedeutet wie: „Eine verkrachte Existenz pöbelt ihren gruppenbezogenen
Menschenhass heraus“. Falls jemand Lust hat, den Begriff in der Wikipedia zu
etablieren: Dieser Artikel hier wäre eine zitierfähige Quelle. (Natürlich wird
so ein Eintrag im Handumdrehen gelöscht, aber er würde doch immerhin für Schnappatmung
unter den Gesinnungskriegern sorgen und die Manipulateure der Wikipedia eine
Weile beschäftigt halten, sodass sie weniger Zeit hätten, totalitäre
Ideologinnen zu Lichtgestalten emporzujazzen).
Dieser Andreas Kemper also hat
eine noch simplere Methode ersonnen, unliebsame Erkenntnisse abzuwehren: die freie Assoziation, bei der
Andersdenkende sinnfrei mit Extremisten, Verschwörungstheoretikern oder
Sektierern und deren Positionen in Verbindung gebracht werden. Eine Technik,
derer er sich bereits beim Internetpranger „Agent*In“ bedient hat. Ich nenne
sie: das Scheißegal-Argument. Er hat das auch mit mir gemacht, wie ich zufällig
herausfand. Keine Ahnung, womit ich mir seinen Unmut zugezogen habe, ich
vermute, weil ich mal in einem Artikel seine Methoden auf ihn selbst angewandt
habe. Demagogen lieben es nicht, ihre eigene Medizin schlucken zu müssen.
Jedenfalls schrieb er über mich
auf Twitter: „Gunnar Kunz, ein #Maskulist, ist natürlich auch nicht
#antisemitisch“. Was vermutlich Ironie darstellen soll.
Sowohl der von ihm gesetzte Link
„Maskulist“ als auch der Link „antisemitisch“ führen lediglich auf Seiten, in
denen sich irgendwelche Leute mehr oder weniger sinnvoll zu den jeweiligen
Begriffen äußern. Zusammenhang: null. Erkenntnisgewinn: null. Untermauerung
seiner These: null.
Der größte Gag aber ist dieser:
Als Beispiel für meinen angeblichen Antisemitismus zitiert er einen Absatz aus
meinem Artikel „Das feministische Jahr 2016“, in dem ich mich anlässlich der
Verleihung des Theodor W. Adorno-Preises kritisch über Judith Butler und ihren
Genderwahn äußere. Offenbar ist Butler Jüdin, was ich nicht mal wusste und mir
auch gleichgültig ist. Man muss schon ziemlich krank sein, um Menschen auf ihre
Religion zu reduzieren, wie Kemper das tut. Aber viel entscheidender: Wenn man
nur für zwei Cent recherchiert, erfährt man, dass auch der Zentralrat der Juden
die Vergabe des Preises an Butler kritisiert hat, weil damit nämlich „eine
bekennende Israelhasserin“ prämiert werde.
Das heißt also: Ausgerechnet
dort, wo ich eine israelkritische Person kritisiere und mich, wenn auch aus
anderen Gründen, zum gleichen Sachverhalt negativ äußere wie der Zentralrat der
Juden, versucht Kemper, mir Antisemitismus unterzujubeln.
Ich glaube nicht, dass es
Messmethoden gibt, die so fein justierbar sind, dass sie die Intelligenz von
einem wie Kemper nachweisen können.
*In den Medien hat diese Art, Deutungshoheit zu
beanspruchen, indem man behauptet, besser als ein Sprecher zu wissen, was er
eigentlich gemeint hat, Methode, wie Hans Mathias Kepplinger in seinem lesenswerten
Buch Totschweigen und skandalisieren. Was
Journalisten über ihre eigenen Fehler denken (Herbert von Halem Verlag,
Köln 2017) herausgearbeitet hat.
Sauber zerlegt, Danke!
AntwortenLöschenDas erinnert mich an das Sprichwort: "Die Wahrheit bindet sich noch die Schuhe zu währende die Lüge bereits den halben Planeten umkreist hat."
Wie wäre es mit einer Definition des Begriffs "kempern" bei urban Dictionary?
AntwortenLöschenhttps://www.urbandictionary.com/add.php
Gute Analyse - danke hierfür!
AntwortenLöschenLieber Gunnar,
AntwortenLöschendanke für den inspirierenden Beitrag. Das könnte man noch gut ausbauen;-)
Grüße
Bruno