Es gibt ja die Parabel von dem
Frosch, der ins heiße Wasser geworfen wird und mit aller Macht daraus zu
entkommen sucht, während sich sein allmählich erhitzter Leidensgenosse kochen
lässt, weil er die Gefahr nicht spürt, bis es zu spät ist.
Im übertragenen Sinne haben
Radikalfeministinnen uns immer schon ins kochende Wasser werfen wollen, da der
Marsch durch die Institutionen aber Zeit brauchte, wurden wir energieschonend
erhitzt. Und die meisten von uns wehren sich nicht, weil sie offenbar nicht
spüren, wie zerkocht sie bereits sind. Erst im Rückblick zeigt sich, welche
ehemals unvorstellbaren Zustände wir heutzutage für normal halten.
1970, zu Zeiten von „Wer einmal
mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment“, hätten „Nein heißt nein“,
„Metoo“ und das reaktionäre Sexualstrafrecht einen Aufschrei in der Bevölkerung
zur Folge gehabt, Hippies und Kommunarden wären auf die Straße gegangen, um
dagegen zu protestieren.
Noch 1980 hätte man gefordert,
Politiker, die angesichts von Arbeitslosigkeit und Nato-Doppelbeschluss die
Umbenennung von Straßennamen und „geschlechtergerechte Sprache“ zum
Hauptanliegen ihrer Politik machen, ihres Amtes zu entheben.
Und 1990 hätten sich die Menschen
kaputtgelacht angesichts der Behauptung, es gebe mehr als zwei Geschlechter und
sich im Karneval als Indianer zu verkleiden sei „kulturelle Aneignung“.
Aber da wir bequem sind und uns
mit der Ausrede trösten: „Zugegeben, es gibt ein paar Auswüchse im Feminismus,
aber eigentlich ist das doch eine gute Sache. Außerdem wird nichts so heiß
gegessen, wie es gekocht wird“, lassen wir uns auf kleiner Flamme schmoren, bis
nichts mehr von uns übrig bleibt.
Was ich dabei besonders
erschütternd finde, ist, dass Radikalfeministinnen es in nur fünfzig Jahren
geschafft haben, ihre Gleichsetzung von Sexualität und Gewalt in den Köpfen der
Öffentlichkeit zu verankern. Es gibt keinen Bereich der Anziehung zwischen Mann
und Frau, der nicht neurotisch verseucht ist, weder das Flirten am
Arbeitsplatz, noch ein Scherzwort oder der spielerische Umgang mit Verführung,
schon gar nicht die Sexualität selbst. Das Wunder der Liebe, die schönste
Möglichkeit, um den Graben zwischen den Geschlechtern zu überwinden, Vertrauen
zu lernen und unseren Horizont zu erweitern, wird in die Gosse der
Gewaltfantasien hysterischer Männerhasserinnen herabgezogen.
Schon die Kirche wusste, dass man
Macht am besten dadurch erlangt, dass man die natürlichen Bedürfnisse der
Menschen mit Scham und Schuld auflädt. Weshalb es auch niemanden verwundern
sollte, dass die Kirchen fest an der Seite des lustfeindlichen Feminismus stehen.
Ich bin zutiefst dankbar, dass
ich in den Siebzigern groß geworden bin. Ich konnte noch unbefangen
herausfinden, was ich wirklich will in puncto Liebe und Sexualität. Ich konnte
noch üben, mich dem anderen Geschlecht zu nähern, ohne die Drohung im Nacken,
dass ich bereits mit einem Bein im Gefängnis stehe, wenn ich mich dabei
ungeschickt anstelle, und dass jeder falsche Schritt mein Leben zerstören
könnte. Ich möchte heute weiß Gott nicht mehr 18 sein. Was Feministinnen und
ihre Speichellecker der heranwachsenden Generation antun, was sie ihnen an
Erfahrungen und Chancen rauben, ist ein Verbrechen, dessen Ausmaß noch lange
nicht absehbar ist.
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Gunnar