Im Aquarium

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Mittwoch, 25. Juli 2018

Auf kleiner Flamme


Es gibt ja die Parabel von dem Frosch, der ins heiße Wasser geworfen wird und mit aller Macht daraus zu entkommen sucht, während sich sein allmählich erhitzter Leidensgenosse kochen lässt, weil er die Gefahr nicht spürt, bis es zu spät ist.

Im übertragenen Sinne haben Radikalfeministinnen uns immer schon ins kochende Wasser werfen wollen, da der Marsch durch die Institutionen aber Zeit brauchte, wurden wir energieschonend erhitzt. Und die meisten von uns wehren sich nicht, weil sie offenbar nicht spüren, wie zerkocht sie bereits sind. Erst im Rückblick zeigt sich, welche ehemals unvorstellbaren Zustände wir heutzutage für normal halten.

1970, zu Zeiten von „Wer einmal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment“, hätten „Nein heißt nein“, „Metoo“ und das reaktionäre Sexualstrafrecht einen Aufschrei in der Bevölkerung zur Folge gehabt, Hippies und Kommunarden wären auf die Straße gegangen, um dagegen zu protestieren.

Noch 1980 hätte man gefordert, Politiker, die angesichts von Arbeitslosigkeit und Nato-Doppelbeschluss die Umbenennung von Straßennamen und „geschlechtergerechte Sprache“ zum Hauptanliegen ihrer Politik machen, ihres Amtes zu entheben.

Und 1990 hätten sich die Menschen kaputtgelacht angesichts der Behauptung, es gebe mehr als zwei Geschlechter und sich im Karneval als Indianer zu verkleiden sei „kulturelle Aneignung“.

Aber da wir bequem sind und uns mit der Ausrede trösten: „Zugegeben, es gibt ein paar Auswüchse im Feminismus, aber eigentlich ist das doch eine gute Sache. Außerdem wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, lassen wir uns auf kleiner Flamme schmoren, bis nichts mehr von uns übrig bleibt.

Was ich dabei besonders erschütternd finde, ist, dass Radikalfeministinnen es in nur fünfzig Jahren geschafft haben, ihre Gleichsetzung von Sexualität und Gewalt in den Köpfen der Öffentlichkeit zu verankern. Es gibt keinen Bereich der Anziehung zwischen Mann und Frau, der nicht neurotisch verseucht ist, weder das Flirten am Arbeitsplatz, noch ein Scherzwort oder der spielerische Umgang mit Verführung, schon gar nicht die Sexualität selbst. Das Wunder der Liebe, die schönste Möglichkeit, um den Graben zwischen den Geschlechtern zu überwinden, Vertrauen zu lernen und unseren Horizont zu erweitern, wird in die Gosse der Gewaltfantasien hysterischer Männerhasserinnen herabgezogen.

Schon die Kirche wusste, dass man Macht am besten dadurch erlangt, dass man die natürlichen Bedürfnisse der Menschen mit Scham und Schuld auflädt. Weshalb es auch niemanden verwundern sollte, dass die Kirchen fest an der Seite des lustfeindlichen Feminismus stehen.

Ich bin zutiefst dankbar, dass ich in den Siebzigern groß geworden bin. Ich konnte noch unbefangen herausfinden, was ich wirklich will in puncto Liebe und Sexualität. Ich konnte noch üben, mich dem anderen Geschlecht zu nähern, ohne die Drohung im Nacken, dass ich bereits mit einem Bein im Gefängnis stehe, wenn ich mich dabei ungeschickt anstelle, und dass jeder falsche Schritt mein Leben zerstören könnte. Ich möchte heute weiß Gott nicht mehr 18 sein. Was Feministinnen und ihre Speichellecker der heranwachsenden Generation antun, was sie ihnen an Erfahrungen und Chancen rauben, ist ein Verbrechen, dessen Ausmaß noch lange nicht absehbar ist.

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Gunnar