Seit meiner Schulzeit schätze ich
Günter Eich. Nicht so sehr seine Gedichte und die späteren „Maulwürfe“, obwohl
auch dort die eine oder andere Perle zu finden ist, sondern vor allem seine
Hörspiele, trotz der Tatsache, dass er sich von den meisten später distanziert
hat. Seine Rede zur Verleihung des Georg-Büchner-Preises von 1959, als einzige
Büchner-Preisrede nicht wie üblich in der FAZ abgedruckt, hat auch heute nichts
von ihrer kritischen Schärfe verloren und kommt einem wie ein Kommentar zur
Identitätspolitik und zum Haltungsjournalismus vor:
„Wenn es um Antworten geht, ist
die Macht freigebig. Obwohl der Text im Grund immer derselbe ist, so rufen doch
leichte Variationen den Eindruck von Vielfalt hervor, von Weltoffenheit und
Konzessionen ans Humane. Ist es da nicht bösartig, wenn man es für das
Generalprinzip der gelenkten Sprache hält, zum Fragwürdigen keine Frage
zuzulassen?“
„Das Verfahren der Macht, sich
mit Werten zu maskieren, spekuliert darauf, dass sie mit diesen Werten
identifiziert und also selbst für einen Wert gehalten wird. Damit wird alles,
was ihr widerstrebt, automatisch zum Negativum.“
Es lohnt sich, Günter Eich wieder
zu lesen, den Schriftsteller, der „Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt“
sein wollte (Träume, 1950) und „das
Recht auf Opposition“ beanspruchte: „Jeder ist doch heute einverstanden!“ (Die etablierte Schöpfung, 1971).
Und der vielleicht, ja ganz
bestimmt sogar zu den zahlreichen staatlichen Maßnahmen gegen sogenannte
Hassreden leise hinzugefügt hätte: „Wenn man Messer und Stricke genug hat, ist
alles in Harmonie.“ (Ein Nachwort von
König Midas, 1968)
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Gunnar