Vor einigen Monaten kontaktierte mich Sebastian
Leber vom Berliner Tagesspiegel mit
dem Wunsch, ein Interview mit mir zum Thema Feminismus zu führen. Da ich über
einschlägige Erfahrungen mit diesem Blatt verfüge, hatte ich mich nach einigem
Nachdenken entschieden, ihm abzusagen. Offenbar zu Recht.
Offener
Brief
Sehr geehrter Herr Leber,
wann immer man in den sogenannten „Qualitätsmedien“
einen Beitrag zu Feminismuskritikern findet, kann man sicher sein, dass dort
geradezu zwanghaft mit den ewig gleichen langweiligen rhetorischen Mitteln
gearbeitet wird, um unangenehme Erkenntnisse abzuwehren: die Kritiker mittels
Kontaktschuld oder freier Assoziation in die rechte Ecke rücken („gab der
‚Jungen Freiheit’ Interviews“, „und es ist nicht mal die AfD“), Unterstellungen
(Ethische Werte und politische Einstellungen zu „strategischen Entscheidungen“
umdefinieren), beleglosen Fantasien („Incels fordern, der Staat müsse Frauen zu
Sex mit Männern verpflichten“), Themenhopping (Testosteron-Gel-Studie beim
Thema häusliche Gewalt) etc.
In einem Artikel, der von A bis Z schon allein
durch die Wortwahl („krude Gewissheiten“) nur auf Emotionen setzt, ernsthaft zu
behaupten, Männerrechtler, die ihre Ansichten seit Jahrzehnten unermüdlich
belegen, würden Gefühle als Fakten verkünden, ist schon kühn. Vor allem, wenn
man bedenkt, dass Sie wohlweislich keine einzige unserer Aussagen verlinken,
sondern ausschließlich andere Tagesspiegel-Artikel (mit der bezeichnenden Ausnahme
der Website von Andreas Kemper), also Ihre Leser innerhalb Ihrer Filterblase im
Kreis herumschicken. Wir wollen ja schließlich nicht, dass sich jemand eine eigene
Meinung bildet, gell?
Männerrechtler – Ich selbst bezeichne mich übrigens
nicht so, weil es Männerrechte ebenso wenig gibt wie Frauenrechte. Es gibt nur
Menschenrechte, und die gelten per Definition entweder für alle, oder es sind
keine. Aber das ist möglicherweise zu differenziert für Sie – Männerrechtler
also wollen „Gesetze beeinflussen“, pfui! So etwas Abscheuliches käme
Feministinnen wie etwa dem Deutschen Juristinnenbund, der in den letzten 50 Jahren
systematisch seine Agenda in der Politik durchgesetzt hat, natürlich gar nicht
in den Sinn.
Männerrechtsaktivisten arbeiten bereits in einer
Bundestagspartei mit, „und es ist nicht mal die AfD“! Mit anderen Worten: Sie
haben keinen Beleg dafür gefunden, dass Männerrechtler in der AfD mitwirken, fanden
es aber wichtig, dieses Stichwort irgendwie unterzubringen. Ich nehme an, Sie
halten das für seriöse Berichterstattung.
Natürlich darf auch der Verweis auf irgendwelche
extremistischen Außenseiterpositionen nicht fehlen, die in der Männerbewegung
zwar keine Rolle spielen, aber es macht sich immer gut, so zu tun, als ob. Wo
ist eigentlich Ihre Empörung angesichts der Tatsache, dass sich führende
Feministinnen nicht nur von vergleichbaren Positionen in ihren eigenen Kreisen
nicht distanzieren (#KillAllMen, #MenAreTrash etc.), sondern bis heute zu ihren
Vorbildern erklären (Valeria Solanas „Manifest zur Vernichtung der Männer“)?
Aber es geht ja ohnehin nicht um eine
unvoreingenommene Auseinandersetzung mit unseren Anliegen, nicht wahr? Wenn
sich Herr Enderle Ihrer Meinung nach nicht deutlich genug von problematischen
Positionen absetzt, wird das von Ihnen kritisiert, wenn sich Feminismuskritiker
hingegen eindeutig positionieren, erklären sie es einfach zu einer „sich seriös
gebenden“ Methode und einer „strategischen Entscheidung“. So einfach kann ein
Weltbild sein.
Belegt wird das Ganze ausgerechnet durch Aussagen
von Wikipedia-Manipulator und Schöpfer von Internet-Prangern Andreas Kemper. Da
können Sie auch gleich Claas Relotius das Prinzip des „Qualitätsjournalismus“
erklären lassen.
Ein weiteres Merkmal manipulativer
Berichterstattung ist die gezielte Auslassung. Da ist es Ihnen dann wichtig,
den Mordversuch an einer Richterin darzustellen, während der tatsächlich
verübte Mord an dem Männerrechtler Marc Angelucci geflissentlich unter den
Tisch fallen gelassen wird. Besser hätten Sie genau die Doppelmoral und
Empathielosigkeit gegenüber Männern, die wir kritisieren, nicht bestätigen
können.
Tief blicken lässt auch Ihr Verständnis von
Gleichberechtigung, wenn Sie es mit Rückgriff auf Kemper für unerhört zu halten
scheinen, dass Männerverbände sich wünschen, dass ihre Anliegen ebenso Gehör
finden wie die von Frauen („Im besten Fall auf Augenhöhe und gleichberechtigt
mit den Frauenverbänden“).
Meine Lieblingsstelle in Ihrem Artikel ist übrigens
beim Thema häusliche Gewalt der Satz „Die Aktivisten kontern mit eigenen
Studien“. Klar, die über 500 internationalen Studien, die darlegen, dass Frauen
Männern in puncto häuslicher Gewalt in nichts nachstehen, sind irgendwie alle
von uns initiiert, bezahlt und durchgeführt worden. Und was sind schon 500
Studien, wenn der Staatsfeminismus etwas anderes behauptet! Ein Journalist, der
diese Berufsbezeichnung verdient, hätte sich diese und andere
Geschlechterstudien des BMFSFJ mal genauer angesehen und leicht feststellen
können, mit welch manipulativen Mitteln die dortigen „Erkenntnisse“ gewonnen
werden – aber wozu sich die Mühe machen. Es könnte ja das lieb gewonnene
Weltbild durcheinanderbringen.
Wie üblich bei dieser Art „Qualitätsjournalismus“
wird dann am Ende noch mal schnell alles in einen Topf geworfen und kräftig
umgerührt: Greta Thunberg stellvertretend für junge Frauen, um gleich das
richtige Feindbild zu setzen, Incels, der unvermeidliche Anders Breivik (dessen
Aussage, Frauen seien „zu wertvoll, um sie in Gefahr zu bringen“, das Gegenteil
von dem beweist, was Sie sich zusammenfantasieren), usw. Offenbar sind Sie ein
Freund von Verschwörungstheorien und glauben allen Ernstes, dass sich böse Männerrechtler
aufgemacht haben, um im Verein mit Massenmördern Frauen das Fürchten zu lehren.
Ich frage mich bei solchen Artikeln wie dem Ihren
immer, wovor Sie und Ihresgleichen so eine erbärmliche Angst haben, dass Sie
Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um sich nur nicht mit unseren Argumenten
auseinandersetzen zu müssen.
Siehe auch:
Danke. Wenn mehr von Leuten deines Schlages in den Medien schreiben würden, man könnte wieder von "Qualitätsmedien" sprechen, ohne es ironisch zu meiden.
AntwortenLöschenSo, genug mit der Einschleimerei,
herzliche Grüße