Jedes Jahr das gleiche Ritual: Der Vatertag wird von Politik und Medien
genutzt, um auf Männer einzudreschen, der Weltfrauentag dagegen, um den
Heiligenschein von Frauen zu polieren und deren ewiges Opferlamento zu
reproduzieren. Da die von sich selbst besoffenen Journalisten in ihren
redaktionellen Filterblasen nicht willens sind, einen realistischen Blick auf
die Wirklichkeit zu werfen, habe ich beschlossen, jedes Jahr zum 8. März als
Korrektiv ein besonders widerliches Exemplar des weiblichen Geschlechts zu
präsentieren samt den Bagatellisierungsversuchen derer, die von ihren
reaktionären Geschlechterklischees einfach nicht lassen können.
Pauline Nyiramasuhuko
Pauline Nyiramasuhuko ist
eine Vorzeigefrau. 1946 in Butare, Ruanda geboren, arbeitet sie nach der
Highschool unter anderem als Sozialarbeiterin und nimmt in Israel an einem
Seminar für afrikanische Frauen in Führungspositionen teil. Später macht sie
einen Universitätsabschluss in Rechtswissenschaften. Sie ist ehrgeizig und hat
politische Ambitionen. Als ehemalige Schulfreundin der Präsidentengattin Agathe
Habyarimana steigt sie rasch in der Hutu-Elite Ruandas auf, wird
Ministerin für Familie und
Frauenförderung und gehört zu jener Handvoll Menschen innerhalb der Regierung,
die gezielt den Genozid an den Tutsis vorbereiten. Sie selbst wird in ihre Heimatstadt
geschickt, um dort die Massaker zu organisieren.
In Butare leben Tutsis und
moderate Hutus friedlich zusammen, extremistische Hutu-Positionen haben hier
keinen Platz. Pauline Nyiramasuhuko sorgt zunächst für
Anti-Tutsi-Demonstrationen und bezeichnet Tutsis als „Dreck“ und „Kakerlaken“.
Ob sie von Rassismus oder simplem Opportunismus getrieben wird, um Karriere zu
machen, lässt sich nicht mehr feststellen. Weil sich der Gouverneur von Butare
weigert, an den von der Regierung angeordneten Verbrechen teilzunehmen, wird er
ermordet. Pauline Nyiramasuhuko ruft die Präsidentengarde zu Hilfe, um mit dem
Abschlachten zu beginnen.
Das ausgestreute Gerücht,
im Stadion würde das Rote Kreuz Essen verteilen und Schutz garantieren, erweist
sich für die Hilfesuchenden als Falle. Pauline Nyiramasuhuko lässt das Stadion
von paramilitärischen Kräften unter Führung ihres Sohnes umstellen. Tutsis
werden erschossen, mit Macheten verstümmelt, mit Eisenstäben erschlagen, in
Kloaken ertränkt, Frauen werden vorher vergewaltigt. Straßensperren sollen eine
Flucht verhindern. Pauline Nyiramasuhuko sucht junge Mädchen für die
Vergewaltigungen aus, besorgt Bier für die Soldaten und Benzin für die
Scheiterhaufen danach. In ihrem Beisein werden siebzig Tutsi-Frauen
vergewaltigt, mit Benzin übergossen und angezündet. Manchmal verteilt sie vor
den Vergewaltigungen Kondome an die Vergewaltiger.
(Auch Pauline
Nyiramasuhukos Schwiegertochter Beatrice Munyenyezi ist an den Gräueltaten
beteiligt. Beispielsweise wählt sie gezielt Tutsis für Vergewaltigung oder Tod
aus, belohnt Vergewaltiger mit Bier und Essen, bringt Schwangere in eine Grube
zum Abschlachten, erschießt eine Nonne vor einem jubelnden Mob oder verhöhnt
einen 21-jährigen, indem sie ihm erzählt, dass die Milizen gerade seiner Mutter
den Kopf abgeschlagen haben.)
Der Völkermord, der am 6. April
1994 beginnt, sorgt in nur hundert
Tagen für die Ermordung von – je nach Schätzung – zwischen 500.000 und einer
Million Tutsis und gemäßigten Hutus. Dreiviertel der Tutsi-Bevölkerung kommt
dabei ums Leben.
Nach dem Zusammenbruch des Regimes flieht Pauline Nyiramasuhuko.
In einem Interview, in dem sie mit Mordvorwürfen konfrontiert wird, sagt sie:
„Ich kann nicht mal ein Huhn töten. Wenn jemand behauptet, dass eine Frau –
eine Mutter – getötet haben soll, dann werde ich diese Person zur Rede
stellen.“
1997 wird sie in Nairobi festgenommen und muss sich ab 2001 in einem
zehn Jahre dauernden Prozess verantworten. Ohne ihre Beteiligung wäre der
Völkermord in Butare nicht möglich gewesen, sagt die Staatsanwaltschaft. 2011
wird sie als erste Frau vom UN-Tribunal wegen Völkermords und Verbrechen gegen
die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt.
Journalisten, die sich
mehr für ihre äußere Erscheinung als für ihre Taten zu interessieren scheinen,
heben hervor, Pauline Nyiramasuhuko sei die einzige weibliche Angeklagte des
Tribunals und die erste Frau weltweit, die wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
vor einem internationalen Gericht stehe, um sie auf diese Weise zur großen
Ausnahme zu stilisieren. Tatsächlich ist sie bei Weitem nicht die einzige Frau,
die sich wegen Völkermordverbrechen verantworten muss, allein in Ruanda sind es
Tausende. Auch dass in den Berichten über den Völkermord die Vergewaltigungen
in den Vordergrund gestellt werden, während die abgeschlachteten Männer kaum
eine Zeile wert sind, spricht Bände.
Wenig überraschend
versucht Pauline Nyiramasuhuko, die Frauenkarte zu spielen, um ungeschoren
davonzukommen, und erklärt sich zum Opfer von Sexismus: Man würde ihr etwas
anzuhängen versuchen, weil sie eine gebildete Frau sei. Ihre Mutter rezitiert
ein ähnliches Mantra: „Es ist unvorstellbar, dass sie diese Dinge getan hat.
Sie würde den Leuten nicht befehlen zu vergewaltigen und zu töten, schließlich
ist Pauline eine Mutter.“
Journalisten tragen ihren
Teil dazu bei, Geschlechterklischees wie diese zu unterstützen. Ein Kommentator
erklärt kurzerhand, mit den Gerichtsverfahren gegen Pauline Nyiramasuhuko
hätten Männer eine ideale Lösung gefunden, um ihre eigene Schuld zu mindern,
indem sie eine Frau beschuldigten. Ein kanadischer Journalist meint, in
Wahrheit sollte die patriarchale Kultur Ruandas vor Gericht gestellt werden:
„In jeder Kultur, in der Männer dominieren, (...) helfen viele Frauen,
unsägliche Grausamkeiten gegen verletzliche Mädchen und junge Frauen
fortzusetzen. Weibliche Genitalverstümmelung, Witwenverbrennungen, Ehrenmorde –
Frauen spielen ihre Rolle bei all diesen Verbrechen, nicht nur, weil sie
machtlos sind und keine Wahl haben, sondern auch, weil sie von den Giften des
Patriarchats getrunken und diese gründlich verdaut haben.“
Wer sich jetzt immer noch
Illusionen über „das einfühlsame Geschlecht“ macht, der sei auf die Aussage von
Annette Widmann-Mauz, Vorsitzende der Frauen-Union der CDU, verwiesen, die im
Rahmen der aktuellen Diskussion um eine Frauenquote in Parlamenten die
Ermordung von Männern offenbar für vorbildlich hält, solange diese wie im Fall
von Ruanda dazu führt, dass Frauen die getöteten Männer im Parlament ersetzen.
Anders kann man ihre Interpretation des Völkermords als „Umstrukturierung der
Politik“ kaum verstehen. Auch solche Art Empathielosigkeit ist ein integraler
Bestandteil der alljährlichen Jubelarien zum Weltfrauentag.
Quellen:
http://www.mjilonline.org/wordpress/wp-content/uploads/2013/06/MJIL-34-3.pdf#page=75
https://ir.lawnet.fordham.edu/cgi/viewcontent.cgi?referer=https://de.wikipedia.org/&httpsredir=1&article=1929&context=ulj
http://www.irmct.org/sites/unictr.org/files/case-documents/ictr-98-42/trial-judgements/en/110624.pdf
https://www.nytimes.com/2002/09/15/magazine/a-woman-s-work.html?pagewanted=all&src=pm
http://www.spiegel.de/politik/ausland/ruanda-erste-frau-muss-wegen-voelkermords-lebenslaenglich-hinter-gitter-a-770480.html
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-25832008.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Pauline_Nyiramasuhuko
https://informationcradle.com/africa/pauline-nyiramasuhuko/
https://www.youtube.com/watch?v=csf21Y-ZEbM
http://www.taz.de/!275640/
zu
Beatrice Munyenyezi:
https://www.bbc.com/news/world-us-canada-23335404
https://www.theguardian.com/world/2013/feb/22/rwandan-woman-stripped-citizenship-genocide
zu Widmann-Mauz
https://www.frauenunion.de/images/stories/docs/Annette_Widmann-Mauz_Impuls_zu_100_Jahre_Frauenwahlrecht.pdf
Link gefunden über:
https://geschlechterallerlei.wordpress.com/2019/02/25/femokratenliste-diese-politiker-wollen-das-wahlrecht-fuer-maenner-einschraenken/
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