Kaum sind wir Manuela Schwesig endlich los, setzt
bereits die Mythenbildung ein.
Nachrufe haben es so an sich, dass darin gern
pietätvoll gelobhudelt wird. Dennoch gibt es Schamgrenzen, die ich nicht
verletzt sehen möchte. Auch nicht von Constanze von Bullion.
Der Niedergang des deutschen Journalismus' zeigt
sich an keiner Stelle so deutlich wie an der unkritischen Beweihräucherung, mit
der diese Journalistin in der Süddeutschen
Zeitung Manuela Schwesig noch nachträglich zur unermüdlichen Kämpferin für
Gerechtigkeit hochjazzt:
Die
43-jährige, die sich als Bundesfamilienministerin den Ruf erworben hat, nie
lockerzulassen in ihrem Kampf um Chancengleichheit in Beruf und Familie, nie
nachzugeben ohne Not und selbst über der Weihnachtsgans im Restaurant noch
ausdauernd über Lohngerechtigkeit zu referieren ...
Charles Dickens hätte es nicht schöner sagen
können. Liebe Frau von Bullion, Manuela Schwesig, die sich übrigens als
Frauenministerin und nicht als Familienministerin verstand, hat sich vor allem
den Ruf erworben, empathielos, faktenresistent und dialogunfähig – nein,
schlimmer: dialog-desinteressiert zu sein. Sie ist die bösartigste Fehlbesetzung
im Familienministerium, seit Christine Bergmann misshandelten Jungen jegliches
Mitgefühl verweigerte.
Die Kraft,
die Schwesig vorantreibt, das ist die einer ostdeutschen Frau, die sich ins Frauen-
und Familienbild der alten Bundesrepublik nicht schicken mochte. Drei Monate
nach der Geburt ihres zweiten Kindes saß sie wieder am Schreibtisch.
Das ist nun nicht mehr Charles Dickens, sondern
bereits Hedwig Courths-Mahler. Ausgerechnet Manuela Schwesig, die von Männern
wie Erwin Sellering und Frank-Walter Steinmeier von einem Amt ins andere
gehievt wird und zum Dank dafür das Märchen von den gläsernen Decken
verbreitet, als rebellische Überfrau darzustellen, ist peinlich. Eine derart
besinnungslose Glorifizierung eine Analyse zu nennen, erst recht.
Eine Analyse wäre es gewesen, Frau Schwesigs
Unbedarftheit in Geschlechterfragen aufzuarbeiten oder ihre Hate Speech, ihre
Fake News, ihren Populismus zu hinterfragen, wenn sie ein Klischee nach dem
anderen ausspuckt, sei es bei den angeblich massenhaft unterhaltsverweigernden
Vätern, dem Gender-Pay-Gap-Märchen, dessen unspektakuläre Erklärung sie nach
eigenen Aussagen „nicht akzeptieren“ will, oder den angeblich unter
Männergewalt leidenden Ehefrauen. Oder ihre unheilvolle Verquickung mit der
Amadeu Antonio Stiftung aufzuzeigen, ihre Seilschaften oder die Borniertheit,
mit der sie Linksextremismus als „aufgebauschtes Problem“ bezeichnet. Das
„beste Pferd im Stall der SPD“ (Thomas Oppermann) ist ein blinder Klepper, den
uns Rosstäuscher wie Frau von Bullion als Vollblüter andrehen wollen.
Die Verklärung einer Ministerin, die mehrfach ihr
Amt missbraucht hat, sei es bei der Manipulation der Petra-Studie, sei es durch
den Eingriff in ein laufendes Verfahren, um eine Verbrecherin zu verteidigen,
ist Gefälligkeitsjournalismus untersten Niveaus. Aber vermutlich ist nichts
anderes von jemandem zu erwarten, der gern über Väter herzieht, den Emma-Journalistinnenpreis bekommen hat
und sogar von der Linkspartei wegen Lügen und Unterstellungen als Beispiel für
„niederträchtigen Journalismus“ gilt.
Immerhin: Manuela Schwesig ist weg. Manche Gebete
werden offenbar doch erhört.
Vielen Dank für Ihren zutreffenden Artikel und die zahlreichen wertvollen Links. Es ist schon erschreckend, was für ideologisch blinde Menschen Regierungsverantwortung bekommen. Danke!
AntwortenLöschenErschreckend? Es heißt, wenn 2 Erklärungen infrage kommen, ist die einfachere die wahrscheinlich zutreffende.
LöschenDie eine Möglichkeit ist, das 100000e bis Millionen Menschen ideologisch verblendet sind und die eine Hälfte der anderen sich alles gefallen läßt, auch bei eigener Betroffenheit, eben all das, was auf dieser netten Webseite reichlich aufgezählt ist. Jedes einzelne davon müßte hier aufgezählt werden.
Die zweite Möglichkeit: Der Mensch ist eben so, genau dazu neigt er. Ich kenne bisher noch niemanden, der nicht ein gerüttelt Maß an Verblendung zeigt, bis hin zur Realitätsverweigerung — Wenn man nur das richtige Thema ansticht.
Die zweite Erklärung ist wesentlich einfacher, (nicht nur) die gegenwärtige Politik zwangsläufige Folge.
Danke für die treffende Analyse, bei der eigentlich nur noch fehlt, dass sie uns Leute wie Anne Wizorek als Expertinnen für den Gleichstellungsbericht beschert hat und damit den Begriff des Experten(pardon Expertin) neu definiert hat. Obwohl, das hat die Friedrich-Ebert-Stiftung ja schon mit Gesterkamp (https://sciencefiles.org/2011/06/24/etikettenschwindel-der-missbrauch-des-begriffs-expertise/) getan.
AntwortenLöschen"Die Kraft, die Schwesig vorantreibt, das ist die einer ostdeutschen Frau, die sich ins Frauen- und Familienbild der alten Bundesrepublik nicht schicken mochte." So heroisch kann nur eine Journalistin den Begriff "Frauenquote" umschreiben - sind halt Profis.
Allerdings ist sie nicht weg. Zur Ministerpräsidentin "degradiert" zu werden ist etwas, was auch nur wenigen der allseits privilegierten Männer gelingt. Da wird sie ein Vielfaches an Euros verdienen wie der Großteil der pauschal 23% mehr verdienenden Männer. Ich denke eher, die SPD stellt sich auf eine krachende Wahlniederlage ein, nachdem der Wahlwettkampf zwischen SPD und CDU - was zieht besser: neuer Kopf ohne Konzept oder Übernahme von AfD-Themen - nach anfänglicher Neugier vom Wähler schnell entschieden wurde. Und da werden die "besten Pferde" (zumindest nach SPD-Maßstäben) schon mal auf lukrativen Posten geparkt. Wie heißt es doch so schön: "Die „besten Pferde“ verlassen das sinkende Schiff“ oder so ähnlich. Vielleicht geschieht ja für die SPD doch noch ein Wahlwunder wie seinerzeit als Fukuschima die Grünen zur kurz bevorstehenden Landtagswahl in BW strahlen ließ.
Stimmt. Trotzdem bin ich froh, dass wir sie als Familienministerin los sind.
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